Die Julius Bär geht als Erste in die entscheidende Benko-Woche. Sie legte soeben 3 Kredite über total gut 600 Millionen Franken offen.
Diese hatte die Privatbank, die eigentlich als Pure-Play-Vermögensverwalterin gilt, dem österreichischen Immobilien-Tycoon René Benko respektive dessen Signa-Gruppe gewährt.
Benko hat sich in den letzten Wochen als gigantischer Spekulant entpuppt, der auf der Tiefzins-Welle surfte.
Die Julius Bär hat vor Wochenfrist eine erste Tranche von 70 Millionen Franken des unsicheren Kredits abgeschrieben. Es bleiben damit noch mehr als 530 Millionen, welche unsicher sind.
Plus Zinsen in unbekannter Höhe.
“Selbst bei einem hypothetischen Szenario eines Totalverlusts hätte die Pro-forma-CET1 Kapitalquote der Gruppe am 31. Oktober 2023 bei über 14% gelegen und Julius Bär wäre deutlich profitabel geblieben“, schreibt die Bär-Bank heute.
Das eindrückliche Risiko von weit über einer halben Milliarde gegenüber Benko, den man seit langem als riskante Gegenpartei einschätzen musste, wird noch fragwürdiger.
In der Bär-Nachricht ist nämlich die Rede von „Private Debt als eine strukturierte Finanzierungslösung“ für UHNWI-Kunden.
Solche Kredite würden bei der Bär zur „ganzheitlichen Vermögensverwaltung“ für die reichste Klientel gehören.
Per Ende Oktober habe man total 1,5 Milliarden auf dem „Private Debt Kreditbuch“ gehabt; dies im Verhältnis zu total 41 Milliarden offenen Ausleihungen an Kunden.
Die 1,5 Milliarden fallen auf 3 grosse Kunden: Benko/Signa mit gut 600 Millionen, der Zweitgrösste mit knapp 220 Millionen, die Nummer 3 mit 140 Millionen.
Zusammen kommen diese drei Private-Debt-Kreditnehmer also auf nahezu eine Milliarde. So viel schulden sie der Bär-Bank.
„(Keines) der beiden steht mit dem Immobiliensektor in Verbindung“, versucht die Bankenspitze die Anleger mit Verweis auf die zwei anderen Exposures zu beruhigen.
Die Investoren hatten letzte Woche die Aktie auf den Markt geschmissen. Die Zürcher haben an 5 Handelstagen rund 2 Milliarden an Marktwert eingebüsst.
Die Verantwortung für das Benko-Engagement trägt die oberste operative Leitung.
„Wir bedauern, dass ein einzelnes Engagement zur gegenwärtigen Verunsicherung unserer Stakeholder geführt hat“, lässt sich CEO Philipp Rickenbacher im Communiqué zitieren.
„Zusammen mit der Vermögensanlage und der Vermögensplanung über mehrere Generationen sind Finanzierungen ein fester Bestandteil des Vermögensverwaltungsangebots für unsere Kunden.“
Nach dem Benko-Debakel landet der Geschäftszweig auf dem Prüfstand.
Die Geschäftsleitung würde „zusammen mit dem Verwaltungsrat unser Private Debt Geschäft und den Rahmen, in dem es betrieben wird, überprüfen“.
Präsidiert wird der VR von Romeo Lacher, einem Schlachtross von Swiss Banking mit langer Erfahrung bei der CS.
Lacher dürfte nicht amused sein. Sein CEO, der Chief Risk Oliver Bartholet und Markets-Leiter Luigi Vignola haben beim Benko-Engagement komplett versagt.
Es handelt sich um die drei starken Figuren in der operativen Führung.
Diese liessen im Zusammenspiel zu, dass ein einziger Kunde, der selber vorbestraft war und bei dem man um die hohen Risiken wissen musste, zu einem Verlust von Hunderten von Millionen führen könnte.
Für eine vermeintlich konservative Privatbank, die sich Swiss Quality auf die Fahnen schreibt, eine fahrlässige Geschäftspolitik.
Pure risk statt Pure play.
Das Kreditbuch mit fragwürdigen Immobilien-Ausleihungen ist noch viel grösser. So hatten die Bären einem Zürcher Unternehmer 250 Millionen ausgeliehen.
Dieser sass kurzzeitig in U-Haft. Seine unter anderem von Bär finanzierten Liegenschaften liegen teils an mittelprächtigen Lagen.
Trotzdem hat die Bank Bär als Gegenleistung für den Grosskredit lediglich 20 Millionen Anlagevolumen vom Unternehmer verlangt. Mehr nicht.
(Die hier zunächst publizierte Aussage, dass der Unternehmer Cevdet Caner zu den Kreditkunden der Julius Bär zähle, hat sich als nicht korrekt herausgestellt.)
Bär-CEO Rickenbacher war vor seinem steilen Aufstieg hinauf auf den CEO-Thron Boss von „Structured Investments“ bei der damaligen Tochter GAM.
Dort hatte Rickenbacher unter sich einflussreiche Kaderleute, die Anfang dieses Jahres in einem grossen Londoner Strafprozess aufleuchteten.
Zwei der Bär-Direktoren blieben trotz des Vorfalls, der in die Zehnerjahre zurückreicht, in Luigi Vignolas Markets-Bereich.
Das ist das Trading der Bank, wo die Bär regelmässig hohe Profite erzielte – auch das im Widerspruch zum nach aussen propagierten Private Banking.
Die beiden Manager mussten Anfang Jahr über Nacht ihre Plätze räumen. Sie blieben noch ein halbes Jahr auf der Payroll.
Rickenbacher stammt aus dem Bereich der strukturierten Investments und Kredite. Er hat in der Vergangenheit und jetzt aktuell mit Benko zugelassen, dass die Bank enorme Finanzierungen vornimmt.
Diese fliegen den Bären im Fall von Benko um die Ohren, es drohen Hunderte Millionen Verluste.
Für Rickenbacher wird Benkos einbrechendes Kartenhaus zum Karriere-Stresstest.
Author: Chelsea Ruiz
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